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Arisierung
Reichskristallnacht
Buchenwald

Arisierung

1938 war das große Jahr der Arisierung. Der Druck auf jüdische Eigentümer von Immobilien und Gewerbebetrieben wuchs so stark, dass sie gezwungen waren, ihr Eigentum zu veräußern, zumeist weit unter Wert.

Ludwig EisnerNeben der jüdischen Schule "kaufte" mein Großvater auch das Wohn- und Geschäftshaus der Eisners. Die Familie Eisner konnte das Geschäft nicht mehr weiterführen, weil es seit dem Sommer 1937 Juden nicht mehr erlaubt war, ihre Außenstände von „Deutschen“ einzutreiben. Im Februar 1938 waren diese Außenstände bereits auf ca. 30.000 RM angewachsen, so dass die Familie gezwungen war zu verkaufen.

Der Kaufvertrag von Februar 1938 benennt einen Kaufpreis von 40.000 RM. Wie hoch der Verkehrswert damals war, ist heute kaum noch zu rekonstruieren. Rosa Eisner schätzte ihn nach dem Krieg auf ca. 70.000 bis 80.000 RM. Allein ein Anbau 1935 hätte 25.000 RM gekostet.

Rosa Eisners Aussagen waren durchgängig sehr glaubhaft, das haben die Sachbearbeiter im Entschädigungsverfahren schriftlich versichert, aber in diesem Fall konnte sie selbst nur schätzen.

Ich selbst habe anhand verschiedener Größenangaben, die aus den Lastenausgleichsakten meines Großvaters und der Rosa Eisner stammten, eine Schätzung vorgenommen und glaube, dass der Kaufpreis vom Februar noch relativ gut dem Verkehrswert entsprach (siehe nebenstehende Schätzung).

Der Kaufvertrag vom Februar sah allerdings auch vor, dass mein Großvater nur 25.000 RM sofort zahlen musste, 15.000 RM sollten erst 1943 fließen. Um dies abzusichern, wurde eine Hypothek eingetragen. Ich halte diese Regelung für perfide. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war die Familie Eisner dabei, ihre Ausreise vorzubereiten. Sie brauchte das Geld für die Ausreise und für einen Neuanfang irgendwo auf der Welt.

Außerdem durfte mein Großvater wohl davon ausgehen, dass es Ludwig Eisner unmöglich sein würde, die 2. Rate aus dem Ausland heraus in Nazi-Deutschland einzufordern.

ÜberweisungIm September 1938 wurde dieser Vertrag annulliert und ein neuer Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von nur noch 29.000 RM abgeschlossen.

Lesen Sie hier einen Beweis, dass der Kaufpreis reduziert wurde.

Die Differenz zwischen den bereits gezahlten 25.000 RM und dem neuen Kaufpreis in Höhe von 4.000 RM musste mein Großvater sofort zahlen, was er auch tat. Aber wie kam es zu diesem neuen Kaufvertrag?

Sicher ist, dass die Nazi-Behörden den ersten Kaufvertrag genehmigt hatten, weil der Kaufpreis nicht höher als das 2 ½ fache des Einheitswertes war und Ludwig Eisner meinen Großvater also nicht betrogen hatte. Mein Großvater zahlte daraufhin die Grunderwerbssteuer. Im März 1938 erhielt mein Großvater ein weiteres Schreiben der Nazi-Behörden, in dem ihm verboten wurde, das Geld direkt an Ludwig Eisner auszuzahlen und ihm auferlegt wurde, sowohl die Rate von 1938 als auch die Rate von 1943 auf ein nun sichergestelltes Konto des Ludwig Eisner zu zahlen. Mit diesem Schreiben dürfte meinem Großvater klar geworden sein, dass er nunmehr nicht umhin kommen würde, 1943 auch die zweite Rate zahlen zu müssen, weil die Nazi-Behörden sie für sich einfordern würden.

Lesen Sie hier das Schreiben der Behörden.

Ich nehme an, dass er daraufhin mit den Behörden in Verhandlungen getreten ist und man sich darauf geeinigt hat, dass mein Großvater sofort 4.000 RM zahlt, statt 15.000 RM erst in fünf Jahren.

Um diese Regelung zu legitimieren, haben mein Großvater und/oder die Behörden den Juden Ludwig Eisner beschuldigt, meinen Großvater betrogen zu haben. Der Kaufpreis sei auf der Basis des Einheitswertes vereinbart worden und den Einheitswert, den Ludwig Eisner angegeben habe, sei zu hoch gewesen.

Die Familie Eisner hat wohl von der Zahlung der 4.000 RM erfahren, wahrscheinlich aber nichts von dem neuen Kaufvertag. Ich nehme an, dass der Treuhänder, der für das Eisnersche Konto eingesetzt wurde, den neuen Kaufvertrag unterschrieben hat.

Mein Großvater hatte die Immobilie gekauft, um sie an seinen Bruder Erich zu vermieten und ihm so eine bessere Existenz zu verschaffen. Der kam im Sommer 1938 nach Guttentag, um das Geschäft von den Eisners zu übernehmen. Dabei wurde die verzweifelte Lage der Eisners erneut ausgenutzt: Nach Aussage der Rosa Eisner wurde das Warenlager ohnehin viel zu niedrig bewertet, indem die Wertermittler die Waren einfach als Ladenhüter eingestuft hatten. Erich Schatka zahlte aber noch einmal 10.000 RM weniger als diesen offiziell festgestellten Betrag.

Lesen Sie hier einen Brief, den Dr. Lothar Eisner
seinen Eltern im Februar 1938 schrieb,
nachdem diese ihn über den Verkauf unterrichet hatten.

 

 

Schätzung Verkehrswert
Diese Schätzung basiert auf folgenden Grundlagen und Annahmen:

Setzt man diese Daten in Relation, ergibt sich ein Immobilienwert von 54.000 RM für das Eisnersche Objekt. Allerdings müssen von diesem Wert ein paar Abzüge gemacht werden.