<%@LANGUAGE="JAVASCRIPT" CODEPAGE="1252"%> Eisner family
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Besetzung Guttentag
Restitution

weiteres Schicksal

Besetzung Guttentags durch die russische Armee

 

Guttentag hatte vom Krieg profitiert. Nach dem Überfall auf Polen wuchsen die Geschäfte um 20-30 % an, weil die Stadt im Osten Beschaffungs- und Absatzmärkte hinzu gewann. Außerdem hielten sich viele Soldaten in der Stadt auf, die Nachfrage erzeugten. Anderseits wurde das Landratsamt sofort wieder nach Lublinitz verlagert. Und viele Geschäfte und Handwerksbetriebe waren geschlossen, weil die Betreiber eingezogen wurden. Während reine Verkaufsstätten häufig von den Ehefrauen weiter betrieben werden konnten, mussten Handwerksbetriebe wie Fleischereien, Bäckereien, Tischlereien und Schneidereien häufig geschlossen werden, weil die Ehefrauen diese Arbeiten nicht übernehmen konnten.

So wurde z.B. das Textilgeschäft meines Ur-Großvaters Johannes Schatka, dass bereits durch seine Söhne Ernst und Oskar übernommen worden war, durch die Frauen weiter betrieben, als Ernst und Oskar eingezogen wurden. Die Fleischerei meiner Ur-Großmutter Anna Jakubek, die diese während des 1. Weltkrieges noch mit Hilfe von Verwandten und ihres ältesten Sohnes Hermann aufrechterhalten konnte, musste gleich zu Beginn des 2. Weltkrieges geschlossen werden, weil Hermann eingezogen wurde. Auch das Hotel „Deutsches Haus“, das gerade erst einen neuen Pächter hatte, musste sofort nach Kriegsausbruch geschlossen werden. Fortan brachte die Gemeinde dort Soldaten unter.

Am Sonntag, den 21.01.1945 marschierte die russische Armee in Guttentag ein. Beim Einmarsch und in den Wirren der darauffolgenden Tage gingen 41 Häuser in Flammen auf, darunter auch das Kolonialwarengeschäft und das Schuhgeschäft meines Großvaters. Viele Frauen wurden vergewaltigt, darunter sogar eine alte Frau, die „alte Hamplino“, die nach Aussage des Pfarrers jeden Tag missbraucht wurde, bis der Kommandant die Lage Anfang Februar endlich langsam unter Kontrolle bekam. In den folgenden Jahren kamen einige Guttentager zurück, andere, die zuerst geblieben waren, gingen. So verließen die Lisseks die Stadt, weil er als Jurist keine Chance hatte, in Polen einen adäquaten Job zu bekommen. Er wurde später Staatsanwalt in Fulda.

Lesen Sie hier, was der Guttentager Pfarrer Gladysz
1947 an die Familie Eisner über die Geschehnisse seit 1938 schreibt.

Meine Großeltern flüchtete mit ihren 6 Kindern kurz vor dem Einmarsch der russischen Armee am 16.1.1945. Die Flucht geschah überstürzt bei tiefen Minusgraden. Weihnachten 1944 war noch ganz friedlich gefeiert worden. Mein ältester Onkel erinnerte sich später, dass er noch eine Skiausrüstung bekam. Morgens am 16.1. waren die Kinder noch in der Schule. Mittags hieß es plötzlich, innerhalb von einer Stunde müssten alle zur Flucht bereit stehen. Den Kindern wurden alle Kleider übereinander angezogen. Geflüchtet wurde zunächst in dreckigen Viehtransportern. Mein jüngster Onkel, knapp 1 Jahr alt, schrie die ganze Nacht. Mit-Passagiere wollten das nicht mehr aushalten und ihn aus dem Zug werfen. Draußen hatten sich verzweifelte Menschen an den Zug geklammert, um auch noch mitzufahren. Sie froren ab. Die Reise nach Breslau dauerte 3 Tage. Dort lagen überall Leichen auf den Straßen. Die Familie übernachtete auf den Stufen eines Theaters, wo sie zunächst alle entlaust wurden. Mein Großvater war zunächst in Guttentag geblieben, um zu retten, was zu retten war. Er stieß erst viel später wieder zur Familie.

Die Flucht dauerte mit Zwischenstationen über ein Jahr. Eine Zwischenstation war bei Verwandten in Dessau. Die nahmen die Verwandten nur ungerne auf und aßen nachts, damit sie der Gastfamilie nichts abgeben mussten.

Zeitweise wohnte die Familie in einem winzigen Haus in einem kleinen Dorf. Dort gab es nur eine Dorfschule mit einer Klasse mit vorwiegend kleineren Schülern. Mein ältester Onkel, damals 14 Jahre alt, konnte dort nichts mehr lernen. In Guttentag hatte die Schulbildung auch schon zu wünschen übrig gelassen. Die Schule war oft ausgefallen, damit sich die Kinder als Erntehelfer und anderes nützlich machen konnten. Nach der Flucht ließ mein Großvater ihn von der Schule befreien, damit er ihm beim Aufbau eines neuen Schuhgeschäftes helfen konnte. So konnte er keine normale Schullaufbahn machen und hatte später keine andere Wahl als das Schuhgeschäft zu übernehmen.

Nach einiger Zeit verlangte die sowjetische Armee das Haus und die Flucht wurde fortgesetzt. Schließlich ließ man sich in Lippstadt nieder, wo die Familie zunächst in einem einzigen Raum mit nur einem Bett lebte. Meine Mutter hatte zeitlebens Angst und Ekel vor Tieren. Das lag wohl daran, dass die Lebensmittel unter diesem Bett lagen und nachts die Mäuse kamen, um davon zu fressen.

Heute geht Dobrodzien sehr verantwortungsvoll mit seinem jüdischen Erbe um. So wurde der jüdische Friedhof wieder hergerichtet und ein Denkmal am ehemaligen Standort der Synagoge errichtet.

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