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Besetzung Guttentag
Restitution

weiteres Schicksal

Restitutionsverfahren

Nach dem Krieg haben sowohl mein Großvater als auch Erich Schatka und die Eisners Anträge auf Entschädigung gestellt.

Wilhem Schatka

Die Akte meines Großvaters ist voll von Betrugsversuchen, sie ist voll von „finde ich nicht“, „weiß ich nicht mehr“, „beantworte ich einfach nicht“.

So konnte er im Rahmen des Verfahrens beispielsweise den Kaufvertrag für das Eisnersche Grundstück nicht mehr finden, obwohl er diesen nach der Flucht nachweislich bereits einmal einer Behörde in Düsseldorf vorgelegt hatte. Ohne die Kaufverträge hoffte er wohl, für den ursprünglichen Kaufpreis entschädigt zu werden. So hat er denn auch eine Entschädigung von 40.000 RM für das Grundstück beantragt, obwohl er ja nur 29.000 RM gezahlt hatte, wie die Behörden später herausfanden.

Auf die Frage, ob er einen der Vermögensgegenstände, für den er entschädigt werden wollte, von einer politisch verfolgten Person erworben habe, antwortete er "entfällt".

Lesen Sie hier Auszüge aus dem Antrag auf Entschädigung.

Überall dort, wo ihm Beweise nutzten, waren sie dagegen auffindbar, z.B. ein Einzahlungsbeleg dafür, dass er die 4.000 RM Restzahlung 1938 geleistet hatte.

Die Behörden konfrontierten meinen Großvater mit der Aussage Rosa Eisners, dass noch eine Hypothek in Höhe von 11.000 RM offen sei (Bei einem Umrechnungskurs von 1 RM = 3,70 € entspricht dies einem Betrag in Höhe von 40.700 €.). Er erklärte daraufhin, dass er sich an eine Hypothek nicht erinnern könne. Rosa Eisner verwechsele das wohl und meine wahrscheinlich die Differenz zwischen dem ersten und zweiten Kaufvertrag.

Lesen Sie hier die Aussage meines Großvaters.

Vor dem Hintergrund dieser Aussage darf angenommen werden, dass er einen Brief, in dem Rosa Eisner ihn höflich bat, die ausstehenden 11.000 RM zu bezahlen, wenn er eine Entschädigung erhalte, nicht beantwortet hat.

Lesen Sie hier einen Brief, den Rosa Eisner 1959 an Erich Schatka schrieb,
mit der Bitte, ihn an meinen Großvater weiterzuleiten.

Ferner konnten ihm die Behörden nachweisen, dass ein Konto, für das er entschädigt werden wollte, tatsächlich seinem Bruder Herrmann gehörte und bereits entschädigt war. Über Konten, die er angeblich mit hohen Summen in Breslau unterhielt, gab es bei der Zentralstelle für die deutschen Ostsparkassen keinen Hinweis, dass sie je existiert hatten.

Lesen Sie hier das Schreiben der Zentralstelle.

Die Behörden fanden auch unglaubwürdig, dass er alle Immobilien bar oder nur mit kurzfristigen Krediten gekauft haben wollte. Eine Immobilie, die sich 1945 noch im Rohbauzustand befand, wollte er zudem bereits vollständig bezahlt haben.

Auch ich frage mich: Welcher Kaufmann bezahlt langfristige Investitionen wie eine Immobilie ohne eine Kreditaufnahme und eine Immobilie noch vor Fertigstellung und Übergabe? Und reicht ein Schuhgeschäft von 86 m² Größe aus, um 8 Gehälter zu zahlen und eine 8 köpfige Familie zu ernähren und trotzdem so viel zu sparen, dass alle 3 Jahre eine weitere Immobilie vom Sparbuch bezahlt werden kann?

Angeblich konnte er dies leisten, weil er rechtschaffen, fleißig und sparsam war und seine Frau ihn darin weitgehend unterstützte, so ein Zeuge. Der Zeuge sagte zudem ungefragt aus, dass mein Opa nicht in Schwarzgeschäfte verwickelt war.

Den Kauf des Eisnerschen Wohn- und Geschäftshauses rechtfertigte mein Großvater damit, dass Ludwig Eisner ihn angefleht habe, das Objekt zu kaufen. Als Zeugen dafür benannte er aber nicht die Familie Eisner, obwohl deren Aufenthaltsort während des Entschädigungsverfahrens bekannt war. Stattdessen fuhr mein Großvater den ehemaligen stellvertretenden Landrat Wilhelm Kirmes von Guttentag als Zeugen auf, der bezeugte, dass alles rechtens war. Bei der Position, die dieser Zeuge in Guttentag eingenommen hatte, dürfte er ein strammer Nazi gewesen sein. Zudem kannte er erstaunliche Details wie die Feuerversicherungswerte. Ich halte es deshalb nicht für unwahrscheinlich, dass der Zeuge an den Geschäften sogar persönlich beteiligt war - bei der Genehmigung des Grundstücksgeschäftes und/oder dem wahrscheinlich abgeschlossenen Deal über die Restzahlung.

Lesen Sie hier die Zeugenaussage des Wilhelm Kirmes und hier die des Zeugen Wilhelm Schirmer.

Auffällig ist auch, dass meine Großeltern nie zu Heimattreffen fuhren, obwohl gerade meine Großmutter großes Heimweh hatte. Diese Treffen fanden alle 2 Jahre in Haan statt und die Schwestern meiner Großmutter waren mehrfach dort. Hatten meine Großeltern Angst, dort Mitgliedern der Familie Eisner zu begegnen? Unwahrscheinlich war das nicht: Alice war mindestens einmal dort.

Die Behörden haben meinem Großvater kein Wort geglaubt, das spürt man in der gesamten Akte. 16 Jahre haben sie versucht, ihm das nachzuweisen. 1971 haben sie aufgegeben und ihm eine Entschädigung auch für die Immobilie der Eisners gezahlt.

Dabei hätten die Behörden die Entschädigung durchaus verweigern können, wenn sie es gewollt hätten. Jeder Antragsteller musste unterschreiben, dass er seine Aussagen wahrheitsgemäß machte und er ansonsten seine Entschädigungsleistungen insgesamt gefährdete. Mein Großvater hat zweifellos mehrere Falschaussagen gemacht. Die Behörden waren aber wohl nicht mutig genug, die Entschädigung zu verweigern und begnügten sich damit, den Betrugsversuche zu entlarven und nur das zu entschädigen, was wirklich verloren ging.

Sie rechtfertigten diese Auszahlung, weil mein Großvater angesichts eines Ersatz-Einheitswertes in Höhe von 9.600 RM für die Liegenschaft einen angemessenen Preis bezahlt habe.

Dabei darf bezweifelt werden, ob dieser Ersatz-Einheitswert den Verkehrswert abbilden konnte. Denn warum war mein Großvater bereit, einen Vertrag mit einem Kaufpreis zu unterzeichnen, der mehr als das 4fache darüber lag? War er ein so schlechter Kaufmann? Oder hat der konstruierte Ersatz-Einheitswert doch nur wenig mit dem damaligen Verkehrswert zu tun? Dann wäre dieser aber auch als Vergleichsmaßstab für einen angemessenen Kaufpreis nicht geeignet gewesen.

Dabei entschädigten die Behörden meinen Großvater auf der Basis der 29.000 RM , die er für das Eisnersche Anwesen gezahlt hatte. Eine Entschädigung auf der Basis des Verkehrswertes lehnten die Behörden ab. Dieses Vorgehen war gängige Praxis (vgl. Bundesausgleichsamt: 20 Jahre Lastenausgleich, Bad Homburg 1969, S. 67).

Lesen Sie hier die Begrüdung zum Bescheid.

Mein Großvater verkaufte nach der Auszahlung der Entschädigung sein altes Haus in Lippstadt und baute mit dem Erlös und der Entschädigung ein neues Haus, an dem ich nun einen Anteil geerbt habe.

Erich Schatka

Auch Erich Schatka beantragte beim Lastenausgleichsverfahren eine Entschädigung. Dabei verneinte er ausdrücklich die Frage, ob er seinen Betrieb von Verfolgten des Naziregimes erworben habe.

Lesen Sie hier seinen Antrag auf Lastenausgleich.
In Frage 29 wird die Frage nach der Herkunft des Vermögens gestellt.

Nun wurden Zeugen befragt und dabei kam heraus, dass Erich Schatka das Kolonialwarengeschäft doch aus jüdischem Besitz heraus erworben hat.

Lesen Sie die Zeugenaussagen der ersten Runde der Zeugenbefragung:
Blachhut
Gnilka
Lorz

Mit diesen Aussagen konfrontierte ihn das Lastenausgleichsamt.

Lesen Sie hier, wie das Lastenausgleichsamt nachhackte.

Nun musste Erich Schatka nachweisen, dass er einen angemessenen Preis gezahlt hatte und dass der Kaufpreis in die freie Verfügung von Ludwig Eisner gelang sei. Nun, im Juli 1964 präsentierte Erich Schatka ein Schreiben, dass er sich schon 1959 vorsorglich von Rosa Eisner beschafft hatte. In diesem Schreiben bestätigte ihm Rosa Eisner, dass sie keine Ansprüche mehr gegen ihn habe.

Lesen Sie hier die Schreiben von Rosa Eisner an Erich Schatka und seinen Rechtsanwalt.

Dieser Brief jedoch nutzte Erich Schatka nichts, weil das Amt die Antragsunterlagen von Rosa Eisner beizog und diese in ihrem eigenen Verfahren gesagt hatte, dass Erich Schatka 10.000 RM weniger als den Wert gezahlt hatte, den die Industrie- und Handelskammer angesetzt hatte.

Lesen Sie hier die Kommunikation zwischen den beiden Antragsbehörden.

Nun befragte das Lastenausgleichsamt weitere Zeugen. Das Verfahren verzögerte sich um 8 Jahre, was Erich Schatka schmerzte, weil er den Lastenausgleich für den Neuaufbau seines Supermarktes in Paderborn benötigte. Die Zeugen sagten aus, dass die Einrichtung des Ladens über 30 Jahre alt gewesen sei und von Erich Schatka bei der Übernahme vollständig ausgetaucht worden war. Weiter sagten sie, dass die Waren Ladenhüter gewesen seien, weil Ludwig Eisner bereits seit 4 Jahren ausverkaufte. Über den Kaufpreis konnten die Zeugen genauso wenig sagen, wie darüber, ob der Kaufpreis in die freie Verfügung von Ludwig Eisner gelangt war.

Lesen Sie die Zeugenaussagen der zweiten Runde der Zeugenbefragung:
Zeller
Spendel
Kolberg
Jakubek

Wahrscheinlich war es richtig, dass die Einrichtung 30 Jahre alt war, denn das Geschäft von Ludwig Eisner war 1906 gegründet worden. Falsch ist wahrscheinlich, dass Ludwig Eisner seit 4 Jahren Ausverkauf machte, wahrscheinlich ist aber auch, dass Ludwig Eisner schon seit 1933 seinen Laden unter erschwerten Bedingungen betrieb. Die hohen Außenstände könnten es auch schwierig gemacht haben, neue Waren einzukaufen. Die Zeugenaussagen hätten allerdings irrelevant sein müssen, denn diese Fakten hatten die Industrie- und Handelskammer bereits bei ihrer Werteinschätzung in Höhe von 14.000 RM berücksichtigt. Erich Schatka soll nach Rosa Eisners Aussage aber noch einmal 10.000 RM weniger gezahlt haben. Darum ging es, aber dazu konnte keiner der Zeugen Aussagen machen. Auch Rosa Eisner konnte dazu nicht mehr befragt werden, sie war mittlerweile verstorben.

Das Lastenausgleichsamt resignierte Ende der 60er Jahr. Weil es keine Zeugen gab, gewann der Brief von Rosa Eisner erneut an Bedeutung, in dem sie Erich Schatka bescheinigt hatte, dass sie keine Forderungen geben ihn habe. Die Entschädigung wurde ausgezahlt.

Lesen Sie hier die Begründung zur Auszahlung.

Rosa Eisner für Ludwig Eisner

Rosa Eisner (Ludwig war bereits tot) erhielt etwa zeitgleich auch eine Entschädigung, allerdings nur 13.600 DM. Dabei wurde folgendes anerkannt:

Nicht entschädigt wurde

Lesen Sie hier die Begründung zum Bescheid.

Ob Rosa Eisner je Zahlungen ihrer Lebensversicherungen verlangt und erhalten hat, konnte nicht recherchiert werden.

Dr. Lothar Eisner

Auch Dr. Lothar Eisner beantragte Entschädigungsleistungen. Sie wurden wie folgt gewährt bzw. nicht gewährt:

 

 

Lesen Sie hier Auflistungen von Rosa und Ludwig Eisner über die Schäden, die ihnen durch die Naziherrschaft entstanden sind.