<%@LANGUAGE="JAVASCRIPT" CODEPAGE="1252"%> Eisner family
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Familie Siedner

Samuel Siedner und seine Frau Clara, geb. Silberstein, gründeten 1875 eine Eisenwarenhandlung, die sie am Ring 20, an der Ecke zur Lublinitzer Straße betrieben. Das war definitiv eine der besten Lagen in der Stadt.

Geschäft Siedner

Stammbaum

Das Ehepaar Siedner hatte vier Kinder: Hugo (*20.08.1876), Adolf (*21.11.1877), Louis (22.12.1878) und Meta (*10.8.1880). Die Geburtsdaten stammen aus einem Gebetbuch von Clara, deshalb sind sie eigentlich glaubwürdig. In mindestens 3 Dokumenten wird für Louis jedoch der 23.12.1976 genannt (Entziehung des Vermögens, letzte Vermögenserklärung und Deportationsliste).

Hugo war mit Sara, geb. Karliner verheiratet. Das Ehepaar hatte drei Kinder: Ruth (die Älteste), Hans (*17.2.1909 in Laurahütte OS) und Günter (*12.9.1921).

Adolf, ein Kaufmann, der in Berlin lebte (1931: Fasanenstraße 73), heiratete am 20.11.1920 Irma, geb. Zernik (*25.07.1890) und hatte mit ihr eine Tochter, Eva (*06.08.1912) und einen Sohn, Kurt (* 10.4.1915).

Louis und seine Frau Hedwig, geb. Wiener (*17.5.1883) hatten zwei Söhne: Rudolf (*1.3.1913) und Erich (*19.4.1915).

Das Geschäft wurde in der nächsten Generation wohl zunächst von Louis geführt. Auf Rechnungskopien wird als Inhaber der S. Siedner Eisenwarenhandlung die Louis Siedner G.m.b.H. genannt.

Hier finden Sie die Rechnungskopien, die Pawel Mrozek mir zur Verfügung gestellt hat.

Zimmerstrasse1921 verließ Louis mit seiner Familie jedoch Guttentag und eröffnete ein Eisenenwaren-geschäft in der Zimmerstraße 17 in Oppeln.

Lesen Sie hier eine Zeugenaussage, die Rudolf Siedner über den Betrieb in Oppeln machte.

Hugo Siedner kehrte 1923 nach Guttentag zurück und übernahm den elterlichen Betrieb. Eine Rechnung von 1935 nennt als Inhaber der S. Siedner Eisenwarenhandlung in Guttentag die Hugo Siedner G.m.b.H.. Hugo führte das Geschäft mit Unterstützung seiner Frau und seiner Schwester Meta. Die Immobilie in Guttentag blieb im Eigentum von Louis.

Hans, sein Sohn, hatte in Laurahütte das Gymnasium bis zur Untertertia (8. Schuljahr) besucht. 1923 begann er eine kaufmännische Lehre im elterlichen Betrieb, die er 1926 abschloss. Er blieb dann noch ein weiteres Jahr im Geschäft in Guttentag bis er 1927 als Lagerverwalter in die Firma Eugen Weissmann in Beuthen eintrat, einer Großhandlung für Kanalisations- und Wasserleitungsartikel. 1930 schließlich machte er sich als Handelsvertreter selbständig. Nun vertrieb er Besteck der Firma Solinger, Bettwäsche und Stoffe. Er verfügte über ein Lager und beschäftigte Untervertreter. Durch die Selbständigkeit konnte er sein Einkommen deutlich verbessern. Hatte er als Lagerarbeiter ca. 185 RM pro Monat verdient, stieg sein Einkommen nun auf durchschnittlich 650 RM.

1932 heirate er Kaethe, geb. Hecht. Mit ihr lebte er in der Bismarckstr. 3, einer guten Gegend in Beuthen, fuhr regelmäßig in Sommer- und Winterferien, unterhielt ein Auto und beschäftigte eine Haushaltshilfe. Da Hans genug verdiente, gab seine Frau ihre Tätigkeit als Kassiererin einer Bank auf.

Lesen Sie hier Aussagen von Hans zu seinem Lebenslauf und hier Zeugenaussagen über seine Lebensumstände. Quelle: Wiedergutmachungsakte Amt für Wiedergutmachung in Saarburg.

In Oppeln machte 1933 Rudolf sein Abitur an der städtischen Oberrealschule, an der auch Lothar Eisner zur Schule gegangen war. Eigentlich wollte er danach eine Kunsthochschule besuchen, was durch die Machtübernahme Hitlers vereitelt wurde. Er besuchte dann noch einige Zeit die Reimann-Schule, eine private Kunst- und Kunstgewerbeschule in Berlin-Schöneberg. Weil es ihm als Juden verboten war, eine Lehrstelle anzunehmen und praktische Arbeiten durchzuführen, konnte er dort allerdings keinen vollständige Ausbildung absolvieren.

In Berlin heiratete am 03.08.1933 Eva Louis Jacobi (*12.06.1895). 11 Monate später, am 14.09.1934 wurde ihre Tochter, Anneliese (Amilie) geboren.

In Guttentag starb 1936 Jahre Hugo an einem Herzinfakt. Das Geschäft wurde von Sara weiterführt. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte die Firma ca. 60 Personen im Verkauf, im Lager und im Büro. Sie hatte zahlreiche Alleinvertriebsrechte für Guttentag, u.a. für Waffen und Munition der Firma Gustav Genschow, für Tischlereiwerkzeug der Fa. August Schmidt, für Weck- und Einkochgläser der Fa. Weck, für Fahrräder der Marke Opel sowie für Möbelbeschläge und Haushaltswaren der Firmen Bartosik und Jakob Ravenna. Siedner war Auskunftsdatei für die Fa. Schimmelpfenning und trieb einen regen Handel mit Baueisen. Zeugen gehen von einem Umsatz von 300.000 - 400.000 RM und einem Gewinn von 50.000 - 60.000 RM pro Jahr aus.

Die Familie wohnte großzügig in einer hochwertig ausgestattteten Wohnung in den oberen Stockwerken.

Im gleichen Jahr, am 13. April, wurden Hans und Käthe in Beuthen Eltern einer Tochter, Helga. Und Ruth heiratete Samson Yakobowitz. Schon bald wurde ihre Tochter Cilly geboren.

Hochzeit Ruth

Am 11. Juli 1937 gelang es Rudolf und Erich, nach Palästina zu fliehen. Auch die Ehefrau von Rudolf, Ellinor, die er ein paar Tage zuvor geheiratet hatte, war dabei. Um die Einreiseerlaubnis in Palästina zu erhalten, musste jeder Bruder 26.292 RM bei der Palästina-Treuhandstelle G.m.b.H. einzahlen, die das Geld an die Nir-Gesellschaft in Palästina transferierte. Kurz vor der Abreise wurde klar, dass auf diesen Betrag jeweils auch noch gut 5.000 RM Reichsfluchtsteuer zu entrichten war. Louis Siedner war zwar vermögend, aber so kurzfristig 10.000 RM in bar zu beschaffen, war auch für ihn schwierig, aber schließlich gelang es ihm.

Lesen Sie hier eine Zeugenaussage von Rudolf zu seiner Flucht.
Quelle: Lastenausgleichsakte Bundesarchiv Bayreuth

1937 flüchtete auch die Familie von Eva - in die Niederlande. Anfang 1939 gründete ihr Mann Louis Jacobi mit seinem Partner W. Grünberg in Amsterdam eine Fabrik für Damenwäsche.

Am 20.4.1937 gingen in Bremen Evas Eltern Adolf and Irma an Board des Lloyd Schiffes "Europa" nach New York. Siemüssen aber eine Zeitlang noch zwischen Europa und Amerika hin und her gepenndelt sein. Ihre Namen finden sich auch auf folgenden Passagierlisten: Irma auf Liste der Brittanic, die aus Southampton kommend am 8. Mai 1938 New York erreichte und Irma und Adolf gemeimsam auf der Passagierliste des Schiffes "Volendam" von Rotterdam nach New York. Das Schiff erreichte New York am 30.12.1939. Als Kontaktperson in den USA nennen sie K Siedner, vielleicht Kurt Siedner, ihren Sohn. Er war bereits am 31.10.1935 in die USA immigriert, an Bord der "Manhatten", die von Hamburg aus nach New York kam.

1937 wurde dem Geschäft in Guttentag die Lizenz für den Verkauf von Waffen und Munition entzogen. Damit brach ein wesentlicher Geschäftsbereich weg. Auch im übrigen hatten die Drangsalierungen so zugenommen, dass das Geschäft nur noch schleppend lief.

Lesen Sie hier die Schilderungen des Anwaltes im Wiedergutmachungsverfahren und
hier die des Zeugen Gabor.
Quelle: Wiedergutmachungsakte aus dem Amt für Wiedergutmachung in Saarburg.

FührerscheinHans verlor 1937 seinen Gewerbeschein für das Wandergewerbe und damit seine Existenz. Auch seinen Führerschein musste er abgeben. Ohne Einkommen musste er in eine preiswertere Wohnung in der Bahnhofstr. 23 umziehen und eine Arbeit als Schachtarbeiter annehmen. Sein Tageslohn betrug 4 RM. 2 Jahre lang arbeitete er für die Firma Queitsch & Kübler im Gleisbau im Borsigwerk. Dort begannen seine Rückenprobleme.

In Oppeln war Louis Siedner am 6.1.1938 gezwungen, seinen Betrieb an Viktor Kulozik zu einem Kaufpreis von 55.000 RM verkaufen. Die Liegenschaft verkauft er allerdings nicht mit. Vermutlich beabsichtigte er, seinen Lebensunterhalt und den seiner Frau von den Mieteinnahmen zu bestreiten.

Lesen Sie hier den Kaufvertrag
und
hier die Bekanntmachung von Victor Kulozik, dass er das Geschäft übernommen hatte.
Quelle Lastenausgleichsakte Bundesarchiv Bayreuth.

Sein Schwager Fritz Wiener sagte später aus, dass ein Wettbewerber Louis Siedner bedroht und sogar geschlagen habe, um ihn zum Verkauf zu zwingen. Er erinnerte sich allerdings nicht an den Namen, so dass er nicht mit letzter Bestimmtheit sagen konnte, dass es sich dabei tatsächlich um Viktor Kulozik gehandelt hatte. Ernst Wolff betonte, dass es sich bei dem Käufer um einen Nazi handelte.

Lesen Sie hier die Zeugenaussage von Fritz Wiener
und
hier die von Ernst Wolff.
Quelle: Lastenausgleichsakte Bundesarchiv Bayreuth

Am 1. März mussten Louis und Hedwig auch die Wohnung räumen, weil der neue Inhaber Viktor Kulozik diese gemietet hatte. Das Ehepaar zog daraufhin nach Berlin.

Lesen Sie hier einen Brief, den Louis seinen Kindern nach Palästina schickte.
Quelle: Lastenausgleichsakte Bundesarchiv Bayreuth

SchützenfestIn der Reichskristallnacht wurden Tränengasbomben und Steine in das Gebäude in Guttentag geschmissen. Wahrscheinlich brannte der Dachstuhl vollständig ab und das 1. Geschoss wurde schwer beschädigt. Geschäft und Lager wurden geplündert. Sara flüchtete Hals über Kopf mit ihrem Sohn Günter nach Beuthen und kehrte nicht mehr nach Guttentag zurück. Am nächsten Tag wurden die Fenster mit Brettern vernagelt. Das Geschäft wurde nicht mehr eröffnet.

Ende 1938, also wahrscheinlich nach der Reichskristallnacht, war Louis Siedner gezwungen, auch die Immobilie in Oppeln für 80.000 RM an Kulozik veräußern. Wann Louis die Immobilie in Guttentag veräußern musste, ist strittig. Viel spricht aber dafür, dass er dies ebenfalls nach der Reichskristallnacht tat.

Käthe und Helga wurden verhaftet, nach ein paar Tagen aber wieder frei gelassen. Helga, damals 2 Jahre alt, war aber nur schwer zu bewegen, das Gefängnis zu verlassen, weil es dort Kinder zum spielen und Essen gab.

Im Frühjahr 1939 musste die Schwiegermutter von Hans, Emma Hecht, ihre Wohnung aufgeben und zog mit in die zwei Zimmerwohnung von Hans und seiner Familie.

Conte BiancamonaAm 8.7.1939 floh die Familie zusammen mit Emma Hecht an Bord der Conte Biancamano von Genua über Colombo nach Shanghai.

Hier finden Sie die Schiffstickets
Quelle: Wiedergutmachungsakte Amt für Wiedergutmachung Saarburg.

Erst drei Tage vor Abreise des Schiffes erhielt die Familie die Tickets, so dass sie nur 24 Stunden Zeit hatten, Beuthen zu verlassen. Sie packten nur zwei oder drei Koffer, ein Bündel Bettzeug und den Kinderwagen von Helga und ließen alles andere stehen und liegen. Die Kosten für die Auswanderung betrugen 4.638 RM (130 RM Zugfahrkarte nach Genua, 4.213 RM Schiffspassage). Der Joint half, die Tickets zu bezahlen.

PersonalausweisIn Shanghai wohnte die Familie zunächst in der Seward Road 803, House 33. Hans versuchte, als Schlosser zu arbeiten. Er hatte ein Fahrrad mit zwei Körben, in dem er sein Werkzeug transportierte. Später besaß er sogar eine Leiter. Aber in der ganzen Zeit in Shanghai gelang es ihm nie, so viel zu verdienen, dass er seine Familie ernähren konnte. Er war auf Hilfsgelder und Nahrungs- und Kleiderspenden des JOINT und Unra angewiesen.

 

Hier finden Sie die Aufenthaltspapiere aus Shanghai,
Quelle: Wiedergutmachungsakte Amt für Wiedergutmachung Saarburg.

Helga ging zur Flüchtlingsschule. Darüber hinaus gehörte es zu Helgas Pflichten, Wasser in die Wohnung zu schleppen, die nicht über einen Wasseranschluss verfügte. Manchmal tat sie dies gegen Geld auch für Dritte.

Von 1941 an wohnten Louis und Hedwig zur Untermiete bei der Jüdin Betty Stein in der Spichernstraße 3 in Berlin.

Am 15.06.1942 wurden Ruth und ihre Familie von Beuthen nach Auschwitz deportiert. Eine Woche später, am 23.06.1942 geschah Günter und seiner Mutter Sara das gleiche. Sie hatten offenbar mit Ruth und ihrer Familie in der gleichen Wohnung am Ring 9/10 gewohnt.

Hier finden Sie die Deportationsliste vom 15.06.1942 und
hier die Deportationsliste vom 23.06.1942

Am 9.9.1942 schreibt Hedwig Siedner einen Abschiedsbrief an ihre Söhne:

Abschiedsbrief

Bei der Großmutter, von der Hedwig spricht, handelt es sich um Klara Wiener, geb. Apt (*14.8.1853). Sie wurde am 3.7.1942 von Berlin nach Theresienstadt deportiert und starb dort 2 Monate später am 5. September 1942.

Am 1.10.1942 wurde das gesamte Vermögen von Louis Siedner eingezogen.

Lesen Sie hier den Bescheid zur Einziehung des Vermögens.

Am 10.1.1943 musste er eine letzte Vermögenserklärung abgeben.

Lesen Sie hier die Erklärung zum Vermögen.

Zwei Tage später, am 12.1.1943 wurden Louis und Hedwig von Berlin nach Auschwitz deportiert. Danach verliert sich ihre Spur. Das offzielle Todesdatum wurde später auf den 31.12.1943 festgesetzt.

Hier finden Sie die Deportationsliste.

Als im Mai 1943 in Shanghai ein Ghetto eingerichtet wurde, mussten Hans und seine Familie dorthin umziehen und wohnten fortan in der Tongchan Road 78. Hans durfte nur noch für Juden arbeiten.

Eva und FamilieLouis und Eva hatten eine Einreise-Erlaubnis für die USA. Dennoch verließen sie die Niederlande nicht, weil die Eltern von Louis, die mittlerweile ebenfalls in den Niederlanden waren, keine Papiere bekamen und Louis sie nicht alleine lassen wollte. Louis Eltern wurden Anfang 1943 deportiert und starben Wochen später in Sobibor. Im Juni 1943 wurden auch Eva und ihre Familie deportiert, zunächst nach Westerbork und am 1. Februar 1944 weiter nach Bergen-Belsen. Dort wurde die Familien im sog. Sternlager untergebracht, einem Teillager mit potentiellen jüdischen Austauschhäftlingen.

ErichErich, von Beruf Architekt, starb bereits am 21.1.1944, nur 28 Jahre alt. Zuletzt wohnte er in Bne Brak (Palästina).

Rudolf konnte in Palästina wegen seiner nicht abgeschlossenen Berufsausbildung zunächst keine Arbeit finden. Er bildete sich selbst fort und 1942 trat er eine Anstellung im Reklamebüro Dr. Menchner-Wallison an, wo er bis zur Auflösung der Firma 1947 blieb. Danach arbeitete er bis 1951 für Herrn Wallison, unterbrochen von einer Militärzeit vom 2.5.1948 bis 19.6.1949. Anfang 1951 machte er sich schließlich selbständig.

Lesen Sie hier eine Zeugenaussagen von Rudolf zu seinem Lebensweg.

Am 11. April 1945 wurden Eva und ihre Familie zusammen mit 2.400 anderen KZ-Insassen auf einen Transportzug geladen, der später als der "verlorene Zug" bekannt wurde. Mit dem Ziel Theresienstadt irrte er bis zum 23.4.1945 durch Deutschland, bis die Insassen in Tröbitz schließlich von der russischen Armee befreit wurden. Bis dahin waren bereits 198 Menschen an den katastrophalen hygienischen Verhältnissen und in infolge der Bomben, die auf den Zug fielen, gestorben. Die Soldaten befreiten geschwächte Menschen, die zum Teil an Flecktyphus erkrankt waren. Sie errichteten in den Zügen ein notdürftiges Lazarett, aber weitere 320 Menschen starben in den darauffolgenden Wochen. Eva und ihre Familie überlebten. Im Juni erreichten die Amerikaner das Lazarett und brachten Eva und ihre Familie nach Leipzig. Am 25. Juni konnten sie zurück in die Niederlande aufbrechen, das sie schließlich im August 1945 erreichten. Am Bahnhof erhielten sie 10 Gulden für das erste Überleben und wurden mit Pferdewagen in ein Auffanglager gebracht.

Eva und FamilieLesen Sie hier, wie Anneliese die damaligen Geschehnisse selbst beschreibt und hier eine Veröffentlichung über ein Foto von ihr und ihren Eltern aus 1943.

Louis wurde für 17 Jahre Präsident der LJG A'dam (Liberal Jewish Community of Amsterdam). Er starb am 29.10.1966, Eva am 19.08.2005.

 

Am 17. Juli 1945 wurden Hans und seine Familie im Ghetto von Shanghai ausgebombt. Die Familie musste deshalb noch einmal umziehen, in die Chusan Road 169. Die Straße befand sich ebenfalls im Ghetto. Sie blieben dort, selbst als das Ghetto im September 1945 befreit wurde. Erst am 1.1.1949 konnte die Familie Shanghai verlassen. Sie reiste zunächst auf dem Schiff Wooster Victory nach Naples (Florida) und von dort immigrierte die Familie am 14.2.1949 nach Israel.

Aber Hans und seine Frau taten sich schwer, hebräisch zu lernen und die Arbeitsmarktsituation in Israel war schwierig. So musste Hans verschiedenste Arbeiten übernehmen. Er arbeitete als technischer Arbeiter in einem Militärcamp, als Wächter bei einer Autofirma und als Schlosser in der Textilfabrik Argaman. Er verdiente nich mehr als 450 bis 480,-- JL pro Jahr. Erschwert wurde die Situation durch die schlechte gesundheitliche Konstitution von Hans. Durch die schwere Arbeit als Schachtarbeiter und das Leben in den Tropen war Hans körperlich stark eingeschränkt. Er trug ein Korsett und war zu 50 % eingeschränkt. Oft war er bettlägerig.

Lesen Sie hier ein Gutachten über seinen Gesundheitszustand.
Q
uelle: Wiedergutmachungsakte Amt für Wiedergutmachung Saarburg.

Seine Frau arbeitete als Köchin, konnte aber nicht genung Geld für den Lebensunterhalt der Familie verdienen (141 JL pro Monat).

So entschlossen sich Hans und seine Frau schließlich, nach Deutschland zurück zu kehren. Helga blieb in Israel. Bereits 1958 ließ sich Hans in Deutschland einbürgern. Am 2. Juni 1961 schließlich erreichten Hans und seine Frau Deutschland.

Hier finden Sie die Einbürgerungsurkunde und die Anmeldung in Deutschland.
Quelle: Wiedergutmachungsakte Amt für Wiedergutmachung Saarburg.

Dort erhielt er staatliche Hilfe bei der Suche nach einer Wohnung und einem Job. Schließlich konnte er in seinem erlernten Beruf, dem Verkauf von Baumaterialien arbeiten. Bereits am 15.6.1961, also nur zwei Wochen nach der Ankunft in Deutschland, begann er bei der Firma Marburg & Söhne zu arbeiten. Sein Gehalt betrug 550 DM pro Monat. Das Ehepaar wohnte am Baseler Platz 7.

Hier finden Sie das Bestätigungsschreiben für seine Anstellung.
Quelle: Wiedergutmachungsakte Amt für Wiedergutmachung Saarburg.

Bereits von Israel aus hatte er 1953 Anträge auf Wiedergutmachung gestellt. Sie wurden wie folgt gewährt bzw. nicht gewährt:

Hans starb am 15.11.1974 in Frankfurt, seine Frau im November 1981, ebenfalls in Frankfurt.

Hier finden Sie die Emigrationsliste aus Shanghai.

IrmaAdolf und Irma waren noch mehrfach in Europa, vermutlich besuchten sie ihre Tochter in Amsterdam. Dort bestiegen sie 1950 und 1953 Schiffe nach New York. Adolf starb vermutlich am 29.05.1959, seine Ehefrau im Dezember 1976.

 

 

Ellinor und EvaRudolf starb am 28.3.1982 in Tel Aviv, seine Ehefrau Ellinor am 30.7.1988. Das Ehepaar hatte einen Sohn, Gad.

 

 

 

 

Gad und HelgaGad und Helga leben heute in Israel.

 

 

 

 

AnnelieseAnneliese lebt heute in den Niederlanden.

 

 

 

 

 

 

Arisierung und Restitutuion des Gebäudes in Guttentag

Mein Großonkel Richard Schatka erwarb das schwer beschädigte Gebäude in Guttentag und baute es wieder auf. Er setzte 1939 einen neuen Dachstuhl auf und reparierte das 1. Obergeschoss umfangreich. Außerdem ließ er das Erdgeschoss modernisieren und später einige Anbauten modernisieren bzw. neu erreichten. Nach der Sanierung betrieb er darin ein großes, angesehenes Textilgeschäft und vermietete weitere Ladeneinheiten.

Neubau Siedner

Wie und wann er an das Grundstück bzw. das alte Gebäude gekommen war, dass ist strittig. Die Geschichte, die Richard Schatka in seiner Lastenausgleichsakte erzählt, erscheint abenteuerlich. So behauptet er, er habe das Objekt bereits 1937 erworben, für 44.000 RM. Ferner behauptet er, das Objekt sei so herunter gekommen gewesen, dass er es umfangreich für 55.000 RM habe sanieren müssen. Die Frage, ob er einen der Vermögensgegenstände, für den er eine Entschädigung beantragte, von einer politisch verfolgten Person erworben habe, beantwortet er klar mit nein.

Lesen Sie hier Auszüge aus dem Lastenausgleichsantrag von Richard Schatka.

Obwohl ein Zeuge nicht mit Bestimmtheit sagen kann, ob die Inbrandsetzung und Plünderung in der Reichskristallnacht geschah und ein anderer Zeuge, Josef Pallus, behauptet, dass diese Geschehnisse vor 1937 stattgefunden habe müssen, kann aufgrund mehrerer Zeugenaussagen festgestellt werden, dass dies in der Reichskristallnacht geschah. Das macht es sehr unwahrscheinlich, dass das Gebäude bereits 1937 in "arischen" Besitz übergegangen war, denn unter diesen Umständen hätte es für die Nazis keinen Sinn gemacht, es in der Reichskristallnacht zum Ziel eines Anschlages zu machen.

Für diese Behauptung des Ankaufs 1937 benennt Richard Schatka u.a. den Rechtsanwalt Dr. Lissek, der später Staatsanwalt in Fulda wurde und selbst das ehemalige jüdische Waisenhaus "arisiert" hatte. Beim Verkauf war Dr. Lissek als Anwalt von Louis Siedner tätig . Er bestätigt die Aussage von Richard Schatka, allerdings unter dem Vorbalt "meines Wissens".

Lesen Sie hier die Aussage des RA Lissek.

Auch Arthur Kuschner, ehemals Bauunternehmener und Baudezernet von Guttentag und zum Zeitpunkt der Aussage Mitglied der Heimatauskunftsstelle, und Wilhelm Schirmer, ehemaliger stellvertretender Landrat und Kreisbüroleiter und nun ebenfalls Mitglied der Heimatauskunftsstelle bestätigten das Ankaufsdatum 1937.


Lesen Sie hier die Aussage des Baumeisters Kuschner und
hier die Aussage von Wilhelm Schirmer.

Interessant an der Aussage von Wilhelm Schirmer ist auch, dass er für die Jahre 1937 bis 1939 jeweils einen Jahresumsatz von 11.000 bis 12.000 RM für das Textilgeschäft von Richard Schatka benannte. Auf dem Foto oben ist deutlich zu sehen, dass sich das Geschäft noch im Bau befindet. Dieses Foto kann nicht vor 1939 aufgenommen sein, da sich am Standort der ehemaligen Synagoge bereits eine Baulücke befindet. Es muss also nach dem endgültigen Abriß der Synagoge entstanden sein. Wenn sich das Geschäft aber 1939 noch im Bau befand, wie konnten dann bereits 1937 und 1938 Umsätze erwirtschaftet worden sein?

Ein weiteres Indiz dafür, dass das Gebäude nicht vor Ende 1938 veräußert wurde, könnte auch sein, dass nur das Gebäude, nicht aber der Betrieb S. Siedner, die Eisenwarenhandlung, veräußert wurde. Hätte der Verkauf vor der Reichskristallnacht statt gefunden, dann hätte es keinen Grund gegeben, nicht auch den Betrieb zu verkaufen. Nur wenn es keinen Betrieb mehr gab, macht es Sinn, dass dieser nicht mitverkauft wurde. Und das war erst nach der Reichskristallnacht der Fall.

Angesichts dessen, dass es sicher ist, dass das Gebäude in der Reichskristallnacht gebrannt hat, ist mindestens die Begründung für die Sanierung - die Vernachlässigung des Voreigentümers - ins Reich der Fabeln zu verweisen, obwohl Wilhelm Schirmer auch dies bestätigt.

Ferner sagte Josef Pallus aus, der ehemalige Direktor der Stadtsparkasse. Er bestätigte den Erwerb des Objektes und dass der Kaufpreis in Höhe von 44.000 RM glaubwürdig sei. Er räumte jedoch auch ein, dass der Verkehrswert sicher höher war.

Lesen Sie hier die Aussage des ehemaligen Direktors der Kreissparkasse Pallus.

Abschließend muss wohl festgehalten werden, dass die Akte Richard Schatka kaum Erkenntnisse darüber bringt, was tatsächlich geschehen ist. Vielmehr kann festgestellt werden, dass es so gerade nicht gewesen ist. Festgestellt werden muss auch, dass es ein Old-Boys-Network gab, dass auch in den 50er und 60er Jahren noch gut funktionierte. Die Antragsteller logen zu ihrem eigenen Vorteil und gewichtige Zeugen machten Aussagen, die den Eindruck erweckten, dass die Antragsteller die Wahrheit sagten. Allerdings waren diese Aussagen nie so konkret, dass man den Zeugen eine Falschaussage hätte nachweisen können.

Im Fall Richarch Schatka ist wahrscheinlich, dass insbesondere das Ankaufsdatum verschleiert werden sollte. Dem diente wahrscheinlich auch die Verschleierung des wahren Grundes für die umfangreiche Sanierung. Denn wäre dieser Grund bekannt geworden, hätten die Behörden - genau wie ich - das frühe Ankaufsdatum 1937 in Frage gestellt.

Wichtig war dieses Ankaufsdatum deshalb, weil die Behörden annahmen, dass 1937 der Kaufpreis vollständig in die freie Verfügung von Louis Siedner geflossen ist, weil die jüdischen Konten erst ab 1938 konfisziert wurden. Weil so viele gewichtige Zeugen dieses Datum bestätigten, erhielt Richard Schatka vergleichsweise früh, Anfang der 60er Jahre, seine Entschädigung.

Mitte der 60er Jahre wurden dann die Zeugen Wilhelm Schirmer und Josef Pallus erneut befragt, diesesmal weil Hans stellvertretend für seine Mutter Sara eine Wiedergutmachung für den Verlust des Betriebes beantragt hatte.

Lesen Sie hier die Zeugenaussage von Josef Pallus und hier die von Wilhelm Schirmer.
Quelle: Wiedergutmachungsakte des Amtes für Wiedergutmachung in Saarburg

Beide, Pallus und Schirmer, bestätigen noch einmal das Ankaufsdatum 1937, aber beide Aussagen sind wenig glaubwürdig.

Die Aussage von Josef Pallus, im Kern nur etwa eine halbe Seite lang, enthält so viele Fehler, dass es unwahrscheinlich ist, dass gerade die Angabe des Ankaufsdatums richtig sein soll:

Diese vielen falschen Behauptungen, getätigt auf nur einer halben Seite, deuten daraufhin, dass Josef Pallus kein Naheverhältnis zu den Siedners hatte und seine Aussagen daher im wesentlichen wertlos sind. Wenn überhaupt, dann können ganz andere Rückschlüsse aus seinen Aussagen gezogen werden, als das, was er beabsichtigte auszusagen .

Auch die Aussage von Wilhelm Schirmer ist unglaubwürdig. So behauptet er, dass trotz des Weiterbestehens des Siednerschen Geschäftes bis zur Zerstörung und Plünderung in der Reichskristallnacht, der Verkauf des Gebäudes bereits 1937 stattgefunden hatte. Richard Schatka habe aber erst die Finanzierung für den Umbau besorgen müssen.

Diese Aussage ist unglaubwürdig:

Die beiden Zeugenaussagen sind inkonsistent, in einigen Teilen ist die Geschichte unplausibel und beide Aussagen weisen große Lücken in der Darstellung auf. Die Aussage von Wilhelm Schirmer von 1964, dass es trotzdem stimme, dass der Verkauf schon 1937 stattgefunden habe, muss deshalb als Schutzbehauptung gewertet werden, um zu verschleiern, dass es sich bei seiner Aussage aus dem Jahr 1953 um eine Falschaussage handelte.

Mitte der 70er Jahre stellte auch Rudolf Siedner einen Antrag auf Entschädigung. Zu der Immobilie in Guttentag konnte Rudolf allerdings kaum Angaben machen. Die Lastenausgleichsbehörde übernahm die Angaben aus dem bereits abgeschlossenen Verfahren von Richard Schatka. Dort sei eindeutig festgestellt worden, dass der Kaufpreis in die freie Verfügung von Louis Siedner gelangt sei. Auch der mit 38.200 RM festgestellte Ersatz-Einheitswert wurde übernommen.

Lesen Sie hier die Begründung zum Bescheid in Bezug auf die Liegenschaft in Guttentag.

 

 

Samuel

Hedwig

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Siedner_NeubauSaniertes Gebäude Richard Schatka nach 1940

Richard neu

Richard neu